René Nicolodi: «Themen haben bei uns Tradition»

Auf einen Streich gehen gleich drei vom Asset Management der Zürcher Kantonalbank verwaltete nachhaltige Themenfonds an den Start. René Nicolodi, Leiter Equity & Themes, verweist auf die jahrelange Expertise, die hinter den brandneuen Produkten steht. Und er hält fest, was diese unbedingt erfüllen müssen.

Interview: Melanie Gerteis, Bilder: Christian Grund

René Nicolodi, Leiter Equity & Themes (Bild: Christian Grund)

Der Slogan zu den neuen nachhaltigen Themenfonds lautet «Warum nicht in die Zukunft investieren?». Wir fragen zurück: Warum lanciert Swisscanto diese Produkte – und warum gerade jetzt?

Die Lancierung markiert die folgerichtige Erweiterung unserer Asset-Management-Expertise mit nachhaltigen Themenfonds. Dieses Know-how besteht bereits seit vielen Jahren. Mit Nachhaltigkeit, die für uns jenseits von Modetrends ihre zentrale Bedeutung behält, befassen wir uns auf der Anlageseite sogar seit bald drei Jahr­zehnten. Die aktuelle «Earth Night», eine Initiative gegen die Licht­verschmutzung, die den Start unserer Kampagne markiert, unterstreicht die Bedeutung des nachhaltigen Ansatzes.

Insgesamt gehen nicht weniger als drei neue Themenfonds an den Start. Sie widmen sich drei grossen Heraus­forderungen, welche die Menschheit noch über Generationen hinweg beschäftigen werden: Das sind zum einen das Streben nach einem gesunden langen Leben, der schonendere Umgang mit Ressourcen und schliesslich der Trend zu Digitalisierung. Warum sind dies auch attraktive Anlagethemen?

Die von den Swisscanto-Themenfonds adressierten Investment­themen können unseres Erachtens von langfristigen, strukturellen Wachstums­treibern profitieren und politischen Rückenwind geniessen. Das wiederum kann als Katalysator für Investitionen wirken. Der Bedarf dürfte enorm sein, wie allein das Beispiel Digitalisierung zeigt: Manchen Branchen­kennern zufolge werden sich die Ausgaben für IT in den nächsten zehn Jahren verdoppeln. Mit unseren Themenfonds wollen wir aktiv in Unternehmen investieren, die von diesen Entwicklungen überproportional profitieren können.

Der Nachhaltigkeits-Aspekt spielt bei diesen Fonds eine wichtige Rolle. Weshalb?

Unternehmen, die Produkte und Dienst­leistungen frühzeitig auf nachhaltige Heraus­forderungen ausrichten – etwa den Schutz des Klimas – geniessen unserer Meinung nach einen strategischen Vorteil und können aufgrund ihres Beitrags zur Lösungs­findung von einer starken Nachfrage profitieren. Damit werden die Anlage­strategien dem primären Ziel ebenfalls gerecht: nämlich, eine finanziell attraktive Rendite zu erzielen und so Mehrwert für Anleger­innen und Anleger zu schaffen. Vor diesem Hintergrund fokussieren unsere Themenfonds auf ausgewählte Unternehmen, die mit einem bedeutenden Umsatz­anteil zur Erreichung der Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen beitragen.

Das Risiko besteht vielmehr darin, nicht in die Opportunitäten der digitalen Wirtschaft investiert zu sein.

René Nicolodi, Leiter Equity & Themes

Die allermeisten Menschen wünschen sich Gesundheit und Wohl­befinden im Alter – das ist auch ein nachhaltiges Entwicklungsziel der Vereinten Nationen. Dieser Wunsch schafft Gelegenheiten zum Geschäft: Liegen die wirtschaftlichen Chancen der Langlebigkeit allein in der «Silver Economy», also in Produkten und Dienstleistungen für ältere Menschen?

Nein, Lang­lebigkeit ist als generationen­über­greifendes Thema zu verstehen. So scheint auch bei jüngeren Menschen das Bedürfnis nach Wellbeing zu wachsen; folgerichtig ist etwa die Vorbeugung gegen Krankheiten ein wichtiger Bestandteil des Anlage­fokus unseres neuen Themen­fonds. Natürlich braucht es auch strukturelle Lösungen, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Wird dies eingelöst, gibt es unserer Meinung nach viel zu gewinnen: Gesunde Langlebigkeit kann als einer der grössten brachliegenden Wachstums­märkte betrachtet werden.

Das Anlagethema Kreislauf­wirtschaft adressiert direkt die Problematik unserer Wegwerf­gesellschaft. Wie bemisst sich hier das Potenzial?

Die Kreislauf­wirtschaft will die heutigen linearen Geschäfts­praktiken durchbrechen, mit dem die Wirtschaft direkt auf einen enormen Nachfrage­überhang bei den verfügbaren Ressourcen zusteuert. Als Gegen­konzept zum Ressourcen­verschleiss versteht sich das Prinzip der vier R – «Reduce, Recycle, Reuse, Replace». Diesem Paradigmen­wechsel wird etwa von der Beratungsfirma Accenture sektor­übergreifend bis im Jahr 2030 ein Wachstums­potenzial von 4,5 Billionen Dollar zugesprochen. Davon ist auch einiges schon auf gutem Weg und investierbar.

Der Digitalisierung schliesslich wird oft eine disruptive, zerstörerische Kraft nachgesagt. Macht dies das Thema nicht besonders risikoreich, auch aus Anlegersicht?

Die fortlaufende Digitalisierung, mit oder ohne Beitrag der Künstlichen Intelligenz, ist ein wesentliches Element des strukturellen Wandels von Wirtschaft und Gesellschaft. Das Risiko besteht vielmehr darin, nicht in die Opportunitäten der digitalen Wirtschaft investiert zu sein. Denn der von der Digitalisierung befeuerte Wandel kann als Motor für den ökonomischen Wohlstand wirken und neuen Geschäfts­modellen sowie innovativen Dienst­leistungen und Produkten zum Durchbruch verhelfen. Jener Motor bewegt dabei längst nicht mehr nur die Technologie­branche, sondern tangiert praktisch sämtliche Wirtschafts­sektoren und Lebensbereiche. Dabei können digitale Lösungen und Tele­kommunikation auch integrierend wirken: Dies etwa in der Bildung oder beim Zugang zu Gesundheits- und Finanz­dienstleistungen. Digitale Lösungen können auch helfen, ökologische Heraus­forderungen zu bewältigen. So lassen sich etwa die negativen Umweltauswirkungen der Agrarwirtschaft dank digitalen Lösungen reduzieren.

Nachhaltige Themenfonds auf einen Blick

Welches der von den neuen Fonds gespielten Themen beschäftigt Sie persönlich am meisten?

Mich interessieren alle Themen auf persönlicher Ebene, besonders hinsichtlich ihrer Wirkung auf Gesellschaft und Wirtschaft. Gleichzeitig finde ich es bemerkenswert, dass die einzelnen Themen zwar sehr unterschiedliche Heraus­forderungen adressieren, aber zugleich stark miteinander verknüpft sind. So ist der Kampf gegen den Klima­wandel ohne die Werkzeuge der digitalen Wirtschaft kaum denkbar. Ebenso wenig der schonende Umgang mit der Ressource Wasser ohne das Prinzip der Kreislauf­wirtschaft. Aus Sicht von Investorinnen und Investoren sind zudem auch die Eigenheiten der einzelnen Themen interessant: Die Fonds lassen sich so als Bausteine verwenden, die sich in einem globalen Aktien­portfolio gegenseitig ergänzen.

Gewinnorientierte Anlegerinnen und Anleger befürchten ja zuweilen, der Nach­haltigkeit zuliebe Rendite opfern zu müssen. Ist diese Furcht begründet?

Anlagefonds müssen Mehrwert für Investorinnen und Investoren schaffen. Das gilt für nachhaltige und nicht nachhaltige Anlage­strategien gleicher­massen. Es ist unser Ziel, durch die Auswahl nachhaltiger Themen­titel und den Fokus auf Qualitäts­kriterien eine Out­performance gegenüber dem Vergleichs­index zu generieren. Dies ist vor allem bei thematischen Anlage­strategien relevant. Nur auf Wachstum zu setzen, reicht nicht aus. Denn nur, wenn dieses profitabel ist, kann es auch einen finanziellen Mehrwert schaffen, der sich in steigenden Unter­nehmens­werten widerspiegelt.

Die globale, nachhaltige Anlagestrategie verwaltet mittlerweile über CHF 5 Milliarden.

René Nicolodi, Leiter Equity & Themes

Aus Investorensicht ist die Erfahrung eines Asset Managers mit den jeweiligen Produkten, der so genannte Trackrecord, von zentraler Bedeutung. Ist das ein Handicap für die brandneuen Fonds?

Nachhaltige Themen­investments haben bei uns Tradition. Die Zürcher Kantonalbank betreibt seit 1996 Nachhaltigkeit-Research. Im Asset Management haben wir im Jahr 1998 unseren ersten nachhaltigen Anlage­fonds aufgelegt; die globale, nachhaltige Anlage­strategie verwaltet mittlerweile über CHF 5 Milliarden. Derweil existiert die Expertise zu den bestehenden Themenfonds Wasser und Klima seit 17 Jahren.

Bei welchen Kundinnen und Kunden möchte Swisscanto mit diesen Argumenten punkten?

Der primäre Fokus liegt auf unseren Wholesale-Partnern in der Schweiz sowie auf den von unseren Tochter­gesellschaften betreuten Kundinnen und Kunden im Ausland. Ganz generell sprechen die Swisscanto-Themenfonds eine Anleger­schaft an, welche die Bedeutung und langfristigen Chancen von Investment­themen im Portfolio­kontext erkannt hat. Wichtig ist dabei ein weiter Horizont: Die Fonds orientieren sich ja an Entwicklungen, die sich langfristig abspielen und von globaler Tragweite sind.

Die potenzielle Nachfrage wird nicht nur aus Zürich kommen, richtig?

Wir möchten Kundinnen und Kunden aus der gesamten Schweiz ansprechen und über unsere Tochter­gesellschaften auch solche im Ausland: So in Deutschland und Italien, wo mittlerweile an den Standorten Frankfurt und Mailand lokale Vertriebs­teams wirken. Ob nah oder fern, für alle Anlegerinnen und Anleger gilt stets dasselbe: Das Vermögen der Themen­fonds wird ausschliesslich in der Schweiz verwaltet. Die Anlage­strategie vernetzt fundamentale, quantitative und nachhaltige Analysen.

Nachdem die Lancierung geschafft ist – bleibt nun Zeit zum Durchatmen? Oder sind im Asset Management der Zürcher Kantonalbank bereits die nächsten Themenfonds in Planung?

Die richtige Arbeit beginnt jetzt erst. Schliesslich müssen sich die neuen Themen­fonds sowohl am Markt wie auch bei den Kundinnen und Kunden beweisen. Derweil bleiben wir nicht stehen und arbeiten weiter an unserer Produkte-Pipeline.

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